Fashion Revolution

Fashion Revolution: Who made my clothes?

Die Fashion Revolution Week - bestimmt hast du davon schon mal etwas gehört? Wenn nicht, dann hast du vielleicht auf den sozialen Medien hier und da Menschen gesehen, die ihre Kleidung in die Kamera halten und einen Zettel dazu, auf dem steht: "Who made my clothes?"

Die Fashion Revolution Week wurde von der Initiative "Fashion Revolution" ins Leben gerufen - eine globale Bewegung, die im Jahr 2013 nach dem Einsturz der Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch am 24. April 2013 ins Lebens gerufen wurde. Bei dem damaligen Unglück starben mehr als 1.000 Menschen, mehr als 2.000 wurden verletzt.

Jedes Jahr in der Woche, in der sich der 24.4. befindet, findet die Fashion Revolution Week statt, um an die Tragödie von damals sowie die Missstände in der Textilindustrie zu erinnern und Aufmerksamkeit zu schaffen.

Die Vision von Fashion Revolution ist:

A global fashion industry that conserves and restores the environment and values people over growth and profit.

Eine globale Modeindustrie, die die Umwelt schützt und wiederherstellt und Menschen über Wachstum und Profit stellt.

Wir haben während der Fashion Revolution Week 2023 mit zwei tollen Frauen gesprochen, die sich für Nachhaltigkeit in der Textilindustrie engagieren. 

Gespräch mit Mirjam Smend von @greenstyle_muc

Mirjam von Greenstyle Munich

 

Mirjam ist eigentlich Journalistin und hat lange für Modemagazine gearbeitet. Diese hat sie aber verlassen, um sich dem Thema Nachhaltigkeit im Bereich Mode zu widmen, weil da noch sehr viel zu tun ist.

Mit Greenstyle Munich organisiert sie Messen und Konferenzen, um nachhaltigen Modebrands mehr Sichtbarkeit zu geben und auch aktiv über das Thema Nachhaltigkeit in der Mode zu sprechen. Denn hier gibt es noch viel Aufklärungsarbeit. Immer noch ist zum Beispiel vielen der Zusammenhang zwischen Klima und Mode nicht bewusst. Viele wissen auch nicht, was nachhaltige Mode ist - es ist also noch viel zu tun!

Außerdem ist Mirjam verantwortlich für die Münchner Regionalgruppe der Fashion Revolution Germany.

Moni hat mit Mirjam unter anderem darüber gesprochen, weshalb es auch zehn Jahre nach der Tragödie in Bangladesch immer noch notwendig ist, dass es diese Form des Aktivismus gibt.

Denn: Mittlerweile gibt es zwar richtig viel Auswahl im Bereich der nachhaltigen Mode - und die sieht heute auch noch richtig stylisch und cool aus! Man muss also keine Kompromisse mehr eingehen und kann mittlerweile zwischen vielen Brands wählen.

ABER: Im Umkehrschluss wird leider auch der Fast Fashion Bereich mit Ultra Fast Fashion sowie den sog. Real-Time Fashion Anbietern immer präsenter und erfolgreicher. Marisa von @mysustainableme hat es in ihrer Grafik sehr gut zusammengefasst:

Umso wichtiger ist es, politisch einzugreifen. Auf dieser Grundlage wurde die "Good Clothes, Fair Pay"-Kampagne ins Leben gerufen.

Was ist die „Good Clothes, Fair Pay“-Kampagne und wie kann man sie unterstützen?

Der Großteil der Stoffe und Kleidungsstücke wird noch immer im globalen Süden hergestellt. Warum? Weil es dort einfach richtig billig ist. Die Arbeiter*innen vor Ort werden nicht nur unfassbar schlecht bezahlt, sondern haben auch sonst keine Rechte, wie zum Beispiel das Bilden von Gewerkschaften, Arbeitsrechte etc. An solchen Orten ist es leider auch sehr einfach, mit Armutslöhnen zu arbeiten.

Bei der Bezahlung der Näher*innen muss unterschieden werden zwischen zwei verschiedenen Löhnen: dem Mindestlohn und dem Existenzsichernden Lohn. Während der Mindestlohn in produzierenden Ländern wie Bangladesch immer noch viel zu niedrig ist, um eine Familie zu ernähren, reicht der Existenzsichernde Lohn zumindest dafür, Essen zu kaufen und die Kinder in die Schule zu schicken.

Du kannst noch bis Juli die Kampagne mit deiner digitalen Unterschrift unterstützen.

Dieses "Living Wage" (übersetzt: Existenzminimum) zu erreichen für all die Arbeiter*innen, die die Kleidung nähen, die wir hier tragen - das ist das Ziel dieser EU-weiten Kampagne. Sie soll der Grundstein dafür sein, dass alle an der textilen Lieferkette beteiligten Personen einen Existenzsichernden Lohn erhalten. Und dafür muss ein Gesetz formuliert werden.

Es werden bis Juli 2023 1 Mio. Stimmen benötigt (Stand Mai 2023: 172.000). Erst dann kann ein Antrag formuliert und eingereicht werden. Erst dann kann der Prozess gestartet und das Gesetz auf den Weg gebracht werden.


Gespräch mit Ariane Piper von @fashrev_de

Ariane von Fashion Revolution Germany

 

Ariane ist Teil des Fashion Revolution Germany Teams. Zu Beginn war sie ehrenamtlich tätig, seit 2016 ist sie für die offizielle Länderkommunikation für Deutschland zuständig. Übrigens wurde die Fashion Revolution Germany direkt zum Start der globalen Bewegung ebenfalls im Jahr 2013 gegründet.

Neben der Länderkommunikation kümmert sich Ariane viel um das Thema Bildungsarbeit. Denn sie ist der Meinung, dass man mit der Aufklärung schon so früh wie möglich starten sollte. Aus diesem Grund ist sie viel an Hochschulen und in anderen Bildungseinrichtungen aktiv.

Das hat sich seit 2013 getan

Durch das Unglück wurden auf jeden Fall erst mal viele Menschen wach gerüttelt. Seither spürt man jedes Jahr um den 24. April eine deutlich erhöhte Medienwirksamkeit des Themas. Es gibt dann deutlich mehr Berichterstattung, wodurch das Thema sehr präsent wird. 

In der Textilindustrie

Ganz klar erkennbar ist, dass es mittlerweile viel mehr Alternativen für nachhaltige Mode gibt. Und auch mehr Wandlungen bei kleineren und größeren Marken beim Thema Nachhaltigkeit. Obwohl man da natürlich immer genau hin schauen sollte, ob nicht vielleicht doch Greenwashing betrieben wird. 

Auch in der Industrie hat sich etwas getan. Es gibt zum Beispiel mehr nachhaltige Möglichkeiten für Textilanbieter, beispielsweise für Färbeprozesse. 

Generell spürt man, dass Fair Fashion immer mehr aus der Nische herauskommt. Weg von nur braun und eintönig, hin zu echten modischen Alternativen. 

In den Ländern

Seit dem Einsturz von Rana Plaza gibt es speziell in Bangladesch den sog. "Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh" (Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch). Damit soll die Sicherheit von Gebäuden wie der Textilfabrik sichergestellt werden. 

In Deutschland wurde zwischenzeitlich das Lieferkettengesetz erlassen. Das heißt, dass Güter nur unter bestimmten Standards nach Deutschland eingeführt werden dürfen. Das Gesetz ist eine gute Basis, aber aktuell noch etwas schwach, da es viele Lücken hat und nachgeschärft werden muss.

Für die Europäische Union gibt es zwischenzeitlich die sog. EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien. Sie beinhaltet folgendes:

"The EU strategy for sustainable and circular textiles addresses the production and consumption of textiles, whilst recognising the importance of the textiles sector. It implements the commitments of the European Green Deal, the new circular economy action plan and the industrial strategy."*

 

(Die EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien befasst sich mit der Produktion und dem Verbrauch von Textilien und erkennt gleichzeitig die Bedeutung des Textilsektors an. Sie setzt die Verpflichtungen des "European Green Deal", des neuen Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft und der Industriestrategie um.)

Diesen Einfluss hat selber nähen auf die Nachhaltigkeit im Modebereich

Alles, was Achtsamkeit im Umgang mit Kleidung und Textilien schürt, hat einen Impact. Alle, die selber nähen, wissen, wie viel Arbeit in einem Kleidungsstück steckt. Dieses Verständnis hilft, den Wert von Kleidung mehr zu schätzen. Denn: Auch in der Großindustrie werden Kleidungsstücke immer noch zum Großteil von Menschen (vor allem Frauen) genäht, wenig passiert bisher maschinell.

Braucht es neue Modelabels, die besser produzieren?

Es wäre natürlich idealer, wenn die, die es schon gibt, umdenken und das ehrlich praktizieren würden. Bei vielen ist es aber gar nicht möglich, wirklich ehrlich nachhaltig zu produzieren aufgrund der Menge der Teile, die produziert werden.

Auch kleine neue Labels haben ihre Berechtigung, denn dadurch wird Innovation und Austausch in der Textilindustrie vorangetrieben. Dennoch müssen vor allem auch die Großen nach und nach mitziehen, um einen nachhaltigen Wandel zu erzielen. 

Auch wir als Kund*innen nehmen durch einen bewussten Konsum natürlich Einfluss auf die Entwicklungen und sind deshalb ebenso wichtig. Denn: Wenn wir uns für ein kleines nachhaltiges Label entscheiden statt des Fast Fashion Riesen, setzen wir ein Zeichen für den bewussten Konsum von Textilien. Und wenn das viele machen, haben wir als Konsument*innen natürlich einen riesigen Einfluss.

So kannst du dich engagieren

Es gibt super viele Möglichkeiten, sich einzubringen. Sei es, im Alltag mehr darauf achten, wie ich mit meiner Kleidung umgehe und welche Alternativen des Konsumierens es gibt. Oder durch die eigene Stadt zu gehen und zu hinterfragen: Was kann ich verbessern?

Wichtig ist es, ins Gespräch zu gehen - sei es mit Bekannten, Verwandten, Mitarbeitenden etc. Das kann sowohl analog als auch digital passieren. Generell gilt: Jede*r kann und sollte sich so viel einbringen, wie es ihm/ihr möglich ist.

 

Wenn du konkret Lust hast, dich bei Fashion Revolution Germany zu engagieren, dann schau in der Städeliste vorbei. Dort kannst du schauen, ob es in deiner Stadt bereits ein regionales Team gibt.

Wende dich auch gerne direkt an Fashion Revolution Germany, wenn deine Stadt nicht aufgeführt ist. Nicht alle sind in der Liste vertreten, da es Personen gibt, die nicht online gelistet sein möchten. Vielleicht gibt es also bereits eine Anlaufstelle in deiner Stadt :) 

* https://environment.ec.europa.eu/strategy/textiles-strategy_en

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